Weibliche Ejakulation & Squirting
Als ob der Orgasmus der Frau nicht schon geheimnisvoll genug wäre, wird seit einigen Jahren – durchaus widersprüchlich – auch über die weibliche Ejakulation diskutiert. Gibt es sie überhaupt und wenn ja – kann jede Frau ejakulieren? Ist jede Ejakulation auch ein Squirting?
Um welche Flüssigkeit handelt es sich dabei jeweils und wie wird sie produziert bzw. ausgestoßen? Und was ist der Unterschied zwischen squirting und ejakulieren?
Squirting – weibliche Ejakulation? – Artikelübersicht:
Ungezügelter, lustvoller Sex, ein überwältigender Orgasmus und dann ein ziemlich nasses Laken – und das obwohl die Blase entleert war und Sie keinen Harndrang verspürt haben. Ist Ihnen das schon mal passiert?
Wenn ja, dann zählen Sie zu jenen Frauen, die ejakulieren. Oder zu jenen, die squirten. Oder zu jenen, die beides tun. Und nein, das ist nicht dasselbe, auch wenn die beiden Vorgänge – also Squirting und Ejakulation – gleichzeitig auftreten können.
“Freudenfluss“
Aristoteles war 330 v. Chr. der erste der über eine flüssige Absonderung beim weiblichen Orgasmus berichtete, in den folgenden Jahrhunderten geriet das Thema aber zusehend in Vergessenheit. Erst ab dem 17. Jahrhundert gibt es in der Medizin – und der Literatur – wieder Hinweise darauf, dass es auch bei Frauen einen „Freudenfluss“ gibt.
Die weibliche Ejakulation ist also sehr wohl seit über zwei Jahrtausenden bekannt, wurde aber, wie vieles was mit – im weitesten Sinn – „Weiblichkeit“ zu tun hat, von der männlich dominierten Wissenschaft bis in die Neuzeit weitgehend ignoriert.
Erst ab den 70ern des letzten Jahrhunderts wurde dem Thema wieder mehr Bedeutung und Aufmerksamkeit geschenkt. Rund um die sexuelle Revolution und die Frauenbewegung wurde die weibliche Ejakulation nachhaltig als Teil des sexuellen Erlebnisspektrums wahrgenommen und enttabuisiert. Eine solide Grundlagenforschung gibt es in diesem Bereich allerings bis heute noch nicht.
Fakt ist, dass es weitere 40 Jahre dauerte, bis erstmals eine Studie veröffentlicht wurde, die noch einen Schritt weiter ging. Erst in den Anfängen unseres Jahrtausends fanden Wissenschafter nämlich heraus, dass Frauen nicht nur eine Art „Freudenfluss“ produzieren können, sondern sogar zwei.
2011 erschien die erste wissenschaftliche Publikation (von Rubio-Casillas & Jannini ), die zwischen diesen beiden Arten des „Freudenflusses“, also der weiblichen Ejakulation und Squirting unterschied. Doch wo liegt da nun der Unterschied?
Weibliche Ejakulation
Ejakulation heißt wörtlich übersetzt nichts anderes als „(Flüssigkeit) absetzen“. Und ja, das können nicht nur Männer beim Samenerguss, sondern auch Frauen im Zuge des Orgasmus. Frauen – wenn auch nicht alle – können sogar auf zwei verschiedene Arten ejakulieren. Laut Rubio-Casillas & Jannini unterscheidet man zwischen „weiblicher Ejakulation“ und „Squirting“, wobei beide Vorgänge getrennt, aber auch gleichzeitig auftreten können.
Bei der weibliche Ejakulation wird ein milchig-weißes Ejakulat produziert und ausgestoßen. Dieses Sekret wird in der Skene-Drüse, die in der Vagina liegt und auch als weibliche Prostata bezeichnet wird, produziert. Diese Drüsen, manchmal auch paraurethralen Drüsen genannt, befinden sich bei etwa 70% der Frauen im Bereich des Harnröhrenausgangs. Sie können aber auch im hinteren Teil der Harnröhre liegen oder sehr schwach ausgeprägt sein, so dass sie gar nicht luststeigernd wirken können.
Prostata der Frau
Die Skene Drüse gilt als das weibliche Pedant zur männlichen Prostata. Die Drüsen umschließen die Harnröhre und ähneln vollgesaugten Schwämmen. Sie entsprechen dem Drüsengewebe der männlichen Vorsteherdrüse nicht nur äußerlich sehr stark, sie verhalten sich auch ganz ähnlich.
Wenn die sexuelle Erregung der Frau wächst, schwillt dieser Bereich nämlich ähnlich der Prostata stark an. Die Schwellung, die so stark ist, dass man sie meist auch leicht ertasten kann, wird auch als G-Punkt bezeichnet. Wird dieser bewusst stimuliert, so steigert das die Erregung, die sich bis zu einem Orgasmus mit Ejakulation steigern kann.
Good to know: Das weibliche Ejakulat ähnelt in der Zusammensetzung dem männlichen Ejakulat. Es enthält typischerweise eine hohe Menge an PSA (Prostata-spezifisches Antigen) sowie Glukose. Manche Wissenschafter meinen, dass der evolutionäre Zweck der weiblichen Ejakulation darin besteht, dass die in ihr enthaltene Glukose die männlichen Spermien am Weg zur Eizelle stärken soll.
Über den Prozentsatz der Frauen, die ejakulieren können, liegen kaum Zahlen vor. In den 1960er Jahren schätzte man, dass nur weniger als 5 % der Frauen ejakulieren (können). In den 90ern sprach Dr. Sabine zur Niesen, eine renommierte Sexualforscherin die sich als erste des Themas „Weibliche Ejakulation“ als Wissenschafterin angenommen hat, von rund 30 %.
Neuere Studien vermuten nun aber einen deutlich höheren Prozentsatz von über 50 %. Ob das daran liegt, dass man heute offener über Themen rund um die weibliche Sexualität spricht, oder daran, dass Sex auch viel freier gelebt wird, bleibt wohl unbeantwortet.
Squirting
Doch nicht genug, dass Frauen ejakulieren können – sie können zusätzlich auch „squirten“. Frauen, die beim Orgasmus squirten, spritzen meist richtig viel Flüssigkeit ab.
Beim Squirting wird anders als bei der weiblichen Ejakulation eine in der Blase der Frau befindliche Flüssigkeit stoßweise ausgespritzt. Diese Flüssigkeit weist Eigenschaften verdünnten Urins auf, ist aber definitiv kein Urin.
Diese beim Squirting schwallartig freigesetzte Flüssigkeit ist – im Gegensatz zum weiblichen Ejakulat – dünnflüssig und durchsichtig von glasartig bis milchigweiss. Sie enthält niedrige Konzentrationen von Harnsäure, Kreatinin und Harnstoff (die in viel höherer Konzentration auch im Urin enthalten sind.)
Doch wie kommt es zum Squirting (wenn es dazu kommt;-))? Durch Stimulation der leicht geriffelten, vorderen Vaginalwand entlang der Harnröhre, hinter der sich wiederum die Skene-Drüse und der G-Punkt befinden, bildet sich bei manchen Frauen eine Flüssigkeit.
Diese wird zwar in der Vagina gebildet aber während der Erregung bzw. des Orgasmus über Öffnungen in der Harnröhre ausgestoßen. Wenn eine Frau squirtet, fließt die Flüssigkeit also aus der Harnröhre, und nicht wie häufig vermutet, aus dem Vaginalkanal. Die verspritzen Mengen können dabei beachtlich sein – von ein paar Tröpfchen bis zu 250 ml sind möglich.
No stress…
Fakt ist – weibliche Ejakulation über die Harnröhre oder den Vaginalkanal kann sein, muss aber nicht sein. Manche Frauen ejakulieren, manche squirten, und ganz Viele haben wunderbaren Sex ganz ohne „Abspritzen“.
Sex ohne Ejakulation und/oder Squirting ist um nichts weniger erfüllend als „mit“ und nichts wäre schlimmer, als wenn man (und frau) sich im Bett zusätzlich Stress machen würde.
Die weibliche Sexualität ist so hochkomplex, dass es keine einfache Gebrauchsanleitung geben kann. Jeder Orgasmus ist ein einzigartiges Erlebnis und was eine Frau heute antörnt, muss sie morgen deswegen noch lange nicht wieder mögen. Und wer heute „abspritzt“ , erlebt morgen vielleicht den besten Orgasmus seine Lebens ganz ohne Ejakulation.
Ein Orgasmus ist ein Orgasmus ist ein Orgasmus – mit Ejakulation und ohne Ejakulation, mit Squirting und ohne Squirting.
Und last but not least – auch Sex ganz ohne Orgasmus ist kein Malheur sondern eine wunderbare Begegnung zwischen zwei Menschen – jedenfalls wenn beide aus der schönsten Nebensache der Welt keine Pflichtübung machen sondern einfach die Nähe zueinander geniessen.
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Quellen:
¹ Journal of sexual medicine – Female Ejaculation
² Every question you ever had about female ejaculation, answered (BBC online)
weiters:
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Linktipps
– Weiblicher Orgasmus
– Mysterium Klitoris
– Der weibliche G-Punkt
– Der männliche G-Punkt
– Trockene Scheide – was tun?