Sadomasochismus: Dominanz & Unterwerfung

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Sadomasochismus: Dominanz & Unterwerfung

Psychologen und Sexualforscher vergleichen den Sadomasochismus mit den zwei Seiten einer Medaille: die Lust am Schmerz des Masochisten kann nur der Sadist fühlen. Die Verknüpfung der beiden Pole Sadismus (Lust, einem anderen Schmerzen zuzufügen) und Masochismus (Lust, selbst Schmerzen zu erleiden) nennt man Sadomasochismus. Im Sog der Sexualisierung der gesellschaft durch Werbung und Medien, treten auch eher ausgefallene sexuelle Neigungen in den Fokus des Interesses.

Sadomasochismus – Artikelübersicht:

Schwerer einzuordnen sind die sexuellen Abweichungen, früher Perversionen genannt, heute als sexuelle Variationen oder Deviationen bzw. Paraphilien umschrieben. Auch sie stoßen auf Interesse, wenngleich deutlich zwiespältiger. Gerade die sexuellen Variationen sind aber einem erheblichen Wandel unterworfen, was die gesellschaftliche Einschätzung, Bewertung, Toleranz und Akzeptanz anbelangt.

So wird die früher im Brennpunkt des ambivalenten Interesses gestandene Homosexualität im Alltag heute nicht mehr als sexuelle Abweichung empfunden. Und sogar bei Exhibitionismus, Fetischismus, Transvestitismus, Voyeurismus, und Sado-Masochismus dürfte sich in Zukunft in dem einen oder anderen Fall noch manches ändern.

Wichtig ist deshalb vor allem das Wissen um diese Variationen sexuellen Verhaltens mit z. T. fließenden Grenzen und unterschiedlicher Bewertung – je nach Epoche, Kultur, individueller Einstellung bzw. öffentlicher oder veröffentlichter Meinung.

Allzu lange wurde zum Thema Sadomasochismus auf die psychiatrische Literatur verwiesen, die das Phänomen kurzerhand als „Perversion“ pathologisierte, abwertete und beiseite schob.

Was ist Sadomasochismus?

Unter Sadismus versteht man die Tatsache, dass ein Mensch (sexuelle) Befriedigung dadurch erfährt, dass er einen anderen Menschen oder mehrere seelisch und/oder körperlich demütigt, unterdrückt und quält. Beim Masochismus besteht die (sexuelle) Lust darin, seelisch und/oder körperlich gedemütigt, unterdrückt und gequält zu werden. Dabei müssen sexuell motivierte Formen, die als Sadomasochismus (SM) zusammengefasst werden können, von anderen Formen unterschieden werden.

Sadismus

1886 hat der Arzt Richard Freiherr von Krafft-Ebing den Begriff „Sadismus“ als Krankheitsbegriff für das Empfinden von Lust durch Zufügen von Schmerz eingeführt („Psychopathia sexualis“). Namensgeber für den Sadismus-Begriff war der französische Schriftsteller Marquis de Sade, der in seinen Werken sexuelle Erscheinungsformen und Abarten bis hin zu Folter und Lustmord (Sexualmord) beschreibt.

Der Marquis de Sade geriet auf Grund seiner Neigungen und Veröffentlichungen immer wieder mit dem französischen Staat und seiner Justiz in Konflikte. Seine letzte Inhaftierung erfolgte im Jahr 1801 wegen seiner Autorenschaft des Romans „La Nouvelle Justine“. Aus der Haft wurde er erst 1803 entlassen und in die Irrenanstalt von Charenton verlegt, wo er im Dezember des Jahres 1814 verstarb.

Masochismus

Namensgeber für den Begriff „Masochismus“ war der österreichische Schriftsteller Leopold Ritter von Sacher-Masoch (1836-1895). Sein Roman „Venus im Pelz“ erschien 1870 und erlangte weltweiten Ruhm.

Weder dem toten Marquis de Sade, einem Gegner der Todesstrafe, noch dem lebenden Leopold von Sacher-Masoch wurde damit aber Gerechtigkeit zuteil. Insbesondere der letztere war empört, seine persönlichen erotischen Vorlieben in eine diagnostische Krankheitskategorie verwandelt zu sehen.

Nach Ernest Borneman läßt sich der Masochismus in drei Untergruppen einteilen:

  • Nichtsexueller oder psychischer Masochismus: Dazu gehören Menschen, die nach Niederlagen im privaten und gesellschaftlichen Leben und Unterordnung im Beruf nach Demütigung und Misserfolg trachten.
  • Sexueller oder Konjunktions-Masochismus: Gemeint ist das Bedürfnis nach Geschlechtsverkehr im Zusammenhang mit Schmerzzufügung und Demütigung durch einen Sexualpartner.
  • Perverser oder Kompensations-Masochismus: Hier ersetzt das Bedürfnis nach körperlichem Schmerz und psychischer Demütigung den Wunsch nach Geschlechtsverkehr. Die sexuellen Wünsche, z.B. von einer nackten Frau ausgepeitscht zu werden, leiten nicht mehr den Geschlechtsverkehr ein und vergrößern auch nicht den sexuellen Reiz beim Koitus, sondern treten an dessen Stellen.

Der Sadismus lässt sich, wie der Masochismus, ebenfalls in drei Stufen einteilen:

  • Nichtsexueller oder psychischer Sadismus: Dieses Verhalten wird als eine Mentalität beschrieben, die sich im schikanieren von Familienmitgliedern und Untergebenen sowie in der Quälerei und Demütigung von Mitmenschen äußert. Menschen mit dieser Form des Sadismus haben einen unbändigen Drang, andere Menschen im persönlichen, beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich zu demütigen, sie zu schikanieren oder zu quälen.
  • Beim sexuell motivierten Sadismus besteht der starke Drang, sexuelle Handlungen, einschließlich dem Geschlechtsverkehr, dergestalt zu praktizieren, dass dem Partner oder anderen Menschen Schmerz zufügt wird und sie unterworfen und gedemütigt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass diese meist als SM-Praktiken ausgeübten Formen die Einwilligung eines freien und vollständig entscheidungsfähigen Partners voraussetzen.
  • Perverser Sadismus: Dies ist jene Form des Sadismus, bei der das Bedürfnis nach physischer Schmerzbereitung und psychischer Demütigung an die Stelle des Wunsches nach Geschlechtsverkehr tritt. Hier dienen die sexuellen Wünsche nicht mehr zur Einleitung des Geschlechtsverkehrs und auch nicht zur Vergrößerung des sexuellen Reizes des Koitus, sondern sie ersetzen dieses.

Dominant & devot

Dominanz & Unterwerfung: Der Sadomasochismus lebt aus der Interaktion zwischen zwei Menschen und kann im Einzelfall ein langes Coming-Out erfordern, bis eine Person die verschiedenen innerpsychischen Bedürfnisse sortiert hat und dann entschlossen die Bahn sadomasochistischer Begegnungen betritt.

Vieles von dem, was man sich unter Sadomasochismus vorstellt oder was in der sadomasochistischen sexuellen Spielwelt praktiziert wird (sadomasochistische Sexualpraktiken), mag erschreckend klingen, aber das leidende und leidantuende Verhältnis (z.B. Sklave – Herrin / Sklavin – Herr) wird freiwillig eingegangen und kann auch jederzeit wieder gelöst werden. Der Sadist ist auf den Masochisten angewiesen und umgekehrt. Diese Erkenntnis gilt allerdings nur für die quasi-kultivierten Formen und natürlich nicht für aggressiven sexuellen Kindesmissbrauch, Tierschändung u. a.

In solchen „kultivierten“ Formen sado-masochistischer Beziehungen geht es nicht (so sehr) um Aggressivität, sondern um erotisierende Stimulation durch Beherrschen bzw. Beherrscht-Werden. Da Sadisten und Masochisten voneinander abhängen, kann es im Gegensatz zu allen anderen bisher besprochenen Deviationen hier sogar zu stabilen Partnerbeziehungen kommen.

Sadismus, Masochismus & Beziehungen

Sadomasochismus wird oft mit Homosexualität in Verbindung gebracht. Sadomasochistisches Spiel von homosexuellen und heterosexuellen SM-Liebhabern unterscheiden sich in ihrem Ablauf und den Handlungen aber nicht. Die sadomasochistische Bereitschaft in sexuellen Partnerschaften ist, wie zahlreiche Befragungen ergeben, sehr groß. Dabei geht es jedoch weniger um ausgefeilte sadistische oder masochistische Sexualpraktiken, die Schwelle von der gewaltvollen Lust zur lustvollen Gewalt ist fließend.

Und so empfiehlt es sich, sadomasochistische Bedürfnisse und Praktiken in hetero- und homosexuellen Partnerschaften von Gewaltanwendungen abzugrenzen. Wenn Partner auf der Grundlage von Freiwilligkeit und Zuneigung im sexuellen Spiel Bestrafungsphantasien ausleben und darin ihre sexuelle Befriedigung finden, so kann dies nicht als Perversion im psychiatrischen Sinne verstanden werden, dann stellt das Ausleben sadomasochistischer Bedürfnisse eher eine sexuelle Spielart dar.

Inhaltlich drehen sich SM-Phantasien um die Spannungspole von Unterwerfung und Dominanz, um sadistische oder masochistische Handlungen. In der Phantasie ist das Recht auf körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung des einzelnen zugunsten einer ungehemmten Wunscherfüllung zurückgestellt.

Die sexuellen Vorstellungen sind für die Betreffenden perfekte Handlungsdramaturgien, die keine Beschränkung kennen. Die Phantasie eröffnet eine kontrollierte Form des aus sich Herausgehens, eine Ahnung der eigentlichen Befriedigung. Vielleicht sind sadomasochistische Vorstellungen und Darstellungen deshalb so weit verbreitet, weil sie die Verheißung beinhalten, nicht aber deren beängstigende Realisierung.

Die Umsetzung der Phantasien scheitert oft schon an den jeweiligen physischen und psychischen Gegebenheiten. Was in der Phantasie reibungslos funktioniert oder als anregend empfunden wird, stößt in der Realität an deutliche Grenzen oder entpuppt sich als lusthemmend und unangenehm. So „träumen“ viele Menschen z.B. von Analverkehr, Fesselungen oder Pein, die Realität desillusioniert jedoch viele und fördert das Bedauern, nicht bei der Phantasie geblieben zu sein.

Das Seil, das in der Phantasie so wunderbar fesselt, erzeugt in der Realität aufgescheuerte Hautstellen und nicht genügend durchblutete Gliedmaße. Viele der Phantasien reichen weit über das hinaus, was im freiwilligen sadomasochistischen Arrangement tatsächlich möglich ist, ohne körperliche, psychische und damit in letzter Konsequenz auch strafrechtliche Beschränkungen zu verletzen. Die meisten Menschen reflektieren diese Gefahr und ziehen bewußt Grenzen.

BDSM – eine besondere Mischung

BDSM ist eine Abkürzung für mehrere englische Worte:

* Bondage & Discipline (B&D)
* Domination & Submission (D&S)
* Sadism & Masochism (S&M)

Auf Deutsch also, Fesselung und Disziplin, Dominanz und Unterwerfung, Sadismus und Masochismus. Eine Definition, was BDSM denn nun eigentlich ist, fällt schwer. Der Begriff umfasst ein riesiges Spektrum an sexuellen Praktiken – das Geschehen in der BDSM -Szene ist geprägt von Bondage (Fesselungen), Wachsspielen, Disziplinierungs- und Rollenspielen, sowie speziellen Outfits in Latex, Lack und Leder.

Allen gemein ist allerdings das Vorhandensein eines Machtverhältnisses, die Akteure nehmen also die, zu Ihnen passenden Rollen ein. Dabei wird – abhängig vom Geschlecht des dominanten oder devoten Partners – im Rollenspiel zwischen der sexuellen Disziplinierung der Frau und der sexuelle Disziplinierung des Mannes unterschieden.

Besonders Wert gelegt wird in jedem Fall auf den Kodex: Safe, Sane & Consensual – BDSM findet also sicher, gesund und einvernehmlich statt, oder anders ausgedrückt: Die Partner handeln aus freiem Willen, sie agieren einvernehmlich, bringen sich Vertrauen entgegen und sorgen dafür, dass keine bleibenden physische oder psychische Schäden hinterlassen werden.

Weitere Sparten innerhalb des S/M-Bereichs lassen sich nicht nur nach den Rollen der Akteure, sondern auch nach Fetischen oder besonderen Vorlieben, Outfits usw. unterteilen: sogenannter Gummi- bzw. Latexsex, Lack – bzw. Ledersex, Kliniksex usw.

Rechtliche Aspekte

Die sadomasochistische Situation (SM-Situation) zeichnet sich dadurch aus, dass sie ein Spiel ist, kein Ernst. Ungehorsam wird nicht mit brutaler Mißhandlung geahndet, wie es viele Kinder durch ihre Eltern erlebten und immer noch erleben müssen. Der sexuelle Sklave weiß sich in der Unterwerfung als der, der die Situation bestimmt oder zumindest mitbestimmt. Er kann sie jederzeit beenden, und dazu wird in der Regel ein Codewort wie „Ende“, „Stop“ usw. vereinbart.

Während einige in dem masochistischen Ausleben ihrer Sexualität einige die destruktive Zerstückelung von Gemeinschaft sehen, Leerlauf und Glaube an äußere Regeln und Gesetze, ist Sadomasochismus für andere eine bürgerliche und praktikable Lösung der sexuellen Bewußtseinserweiterung. Innerhalb der Herr-Sklave-Spiele gibt es spezielle sadomasochistische Techniken wie das Verschnüren mit Handschellen, Stricken, Seilen oder Lederriemen, schlagen mit Gerten, Peitschen oder Po-Klatschen.

Weitere Praktiken: Torturen mit Nägeln, Rasierklingen, Schwachstromstäben, Anstecknadeln usw.

Relativ selten mündet eine sado-masochistische Ausrichtung in ein kriminelles Delikt, kommt aber durchaus auch als sogenannter „Lustmord“ vor. Häufiger sind allerdings tödliche Unfälle, vor allem bei Masochisten, wenn sie sich selber und vor allem alleine fesseln, knebeln oder strangulieren und dabei die Kontrolle verlieren.

Normalerweise sind freiwillige sado-maso (SM) Praktiken unter Erwachsenen nicht strafbar. Kommt es jedoch – trotz Einwilligung – zu (schweren) Körperverletzungen, so ist die Tat etwa in Deutschland nach §228 dann, trotz der Einwilligung, strafbar, wenn sie gegen die „guten Sitten“ verstößt.

Foto: www.kave.at

Linktipps

– Sexuelle Hörigkeit
– Sadomasochismus – Hintergründe & Informationen
– Sexuelle Variationen – psychosoziale Gesundheit
– „S/M & BDSM“ – Test
– BDSM-Plattform: umfangreiche Infos zum Thema

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