Multiple Sklerose: Sexualität und Partnerschaft

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Multiple Sklerose, Sexualität und Partnerschaft

Sexuelle Störungen sind ein recht weit verbreitetes Phänomen. Paare, die mit der Belastung einer chronischen Erkrankung wie der Multiplen Sklerose leben, müssen sich aber mit besonderen Fragen auseinandersetzen: Warum kann die Sexualität unter Multipler Sklerose leiden? Welche Ursachen gibt es aus neurologischer Sicht? Wie lassen sich Partnerschaft und sexuelle Beziehung trotz MS gestalten?

Multiple Sklerose & Sexualität – Artikelübersicht:

Zudem stehen die Betroffenen vor einer zusätzlichen Herausforderung: Sie müssen lernen, offen über ihre jeweiligen Erfahrungen und Erlebnisse ebenso wie über ihre veränderten Bedürfnisse hinsichtlich Ausdrucksformen und Erfüllung ihrer Sexualität zu kommunizieren.

„Bei Menschen mit Multipler Sklerose können die Entzündungsherde an verschiedenen Stellen des Nervensystems zu Problemen in der Sexualität und im intimen Zusammenleben führen“, weiß Dr. Silvia Parigger. Sie ist Oberärztin an der Abteilung für Neurologie am Wilhelminenspital in Wien und bereits seit 1993 in der dortigen MS-Ambulanz tätig.

„Multiple Sklerose bringt – wie jede chronisch verlaufende Erkrankung – Veränderungen auf jeder Ebene mit sich. Betreffen diese die Sexualität, kann das besonders verwirrend sein“, meint Dr. Elia Bragagna, Ärztin für Allgemeinmedizin und Psychosomatik, Psycho- und Sexualtherapeutin sowie Leiterin der Akademie für Sexuelle Gesundheit (AfSG).

„Kaum ein Gebiet ist so intim und macht uns so verletzlich und sprachlos. Sexualität ist aber auch für viele eine Möglichkeit, Nähe zu ihrem geliebten Partner herzustellen. Das erklärt, wie wichtig es ist zu verstehen, wodurch sich auf der körperlichen und der Beziehungsebene die Sexualität durch MS verändern kann.“¹

Sexualität und Multiple Sklerose (MS)

Multiple Sklerose (MS) führt zwar nicht grundsätzlich zu sexuellen Funktionsstörungen, falls aber die Nervenbahnen, welche zu den erogenen Zonen und Genitalien führen, durch die Krankheit beeinträchtig werden, kann es zu Sensibilitätsverminderung in diesem Bereich kommen. Weitere Folgen der Erkrankung wie Spastik in den Beinen, Inkontinenz und Müdigkeit können sich zudem auf sexuelle Aktivitäten sehr störend auswirken.

Sexuelle Schwierigkeiten sind deshalb unter Multiple Sklerose Patienten sehr häufig, treten oft aber nur zeitweise – meist im Rahmen eines Schubes – auf. Sie können aber in der Regel durchaus behandelt werden. Häufig helfen schon einfache Hilfsmittel wie die Verwendung eines Gleitgels bei trockener Scheide oder medikamentöse Einflussnahme auf die Erektion beim Mann.

Darum ist es besonders wichtig diesbezügliche Probleme beim Arzt unbedingt zur Sprache zu bringen, auch wenn es unangenehm ist. Denn nur so können die Ursachen festgestellt und Lösungen gefunden werden, die von medikamentösen Therapien über technische Hilfen bis zu psychologischer (Paar-)Beratung reichen können.²

Die häufigsten sexuellen Probleme bei Multiple Sklerose

Laut Multiple Sklerose Gesellschaft Wien, lassen sich die Probleme in drei Kategorien unterteilen. Sie betreffen sexuelle Herausforderungen, …

  • die durch die Schädigung des zentralen Nervensystems hervorgerufen werden.
  • Männer können Schwierigkeiten haben, eine Erektion aufrechtzuerhalten und/oder zu ejakulieren. Bei Frauen kann es zu einer geringeren vaginalen Feuchtigkeit und Organsmusproblemen kommen. Außerdem können Läsionen sich negativ auf die Erregung auswirken und sensorische Veränderungen hervorrufen.

  • die durch andere Symptome der MS hervorgerufen werden.
  • Als Nebenwirkungen von verordneten Medikamenten können einen verminderte sexuelle Leistung und Libido auftreten.

    Spastizität, Tremor und Schwäche können sich auf die Bewegungsfähigkeit auswirken und so das Liebesspiel verleiden.

  • die durch emotionale Aspekte der MS hervorgerufen werden.
  • Das eigene Körperbild, auftretende Stimmungsschwankungen und die Selbstachtung können ebenfalls zur Abneigung von Intimität in der Partnerschaft führen.

Multiple Sklerose

Multiple Sklerose ist eine chronische neurologische Erkrankung, die meist zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr ausbricht und zu mehr als zwei Drittel Frauen betrifft. Trotz intensiver Forschungen konnten bis heute weder die genaue Ursache, noch eine Heilungsmethode für diese Erkrankung gefunden werden.

Man nimmt an, dass Multiple Sklerose durch eine Autoimmunreaktion hervorgerufen wird: Kleine Entzündungsherde in Gehirn oder Rückenmark beschädigen die Nervenhüllen, wodurch die Weiterleitung der Signale unterbrochen wird und es in Folge zu neurologischen Ausfällen kommen kann.

Die ersten Symptome können sehr unterschiedlich sein, wie z.B. Taubheitsgefühle in den Händen oder Füßen, Sehstörungen oder Schwindel, und treten plötzlich auf. Man spricht von einem „Schub“ wenn sich diese neurologischen Ausfälle nach einer akuten Phase wieder ganz oder teilweise zurückbilden. Im späteren Stadium kann die Erkrankung in einen chronischen Verlauf übergehen.

Die Lokalisationen der Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark sind für die Art der Symptome maßgeblich und unterscheiden sich bei jedem Patienten. Zeitpunkt und Ausmaß der Schübe sind nicht vorhersehbar. Für die Betroffenen, aber auch für die ganze Familie bedeutet dies eine große Ungewissheit für die Zukunft, sie müssen sich immer wieder mit der Erkrankung neu arrangieren.

Psychologische bzw. psychotherapeutische Unterstützung ist dabei sehr wichtig und hilfreich. Die MS Gesellschaft Wien bietet deshalb kostenlose Psychotherapie an, die sowohl von Betroffenen, als auch von Angehörigen in Anspruch genommen werden kann.

Die Tätigkeit der MS-Gesellschaft Wien

Multiple Sklerose ist die häufigste neurologische Erkrankung im jungen Erwachsenenalter und betrifft in Österreich etwa 8000 Personen. Die MS Gesellschaft Wien besteht seit 1965 und hilft Betroffenen durch Information, soziale und psychologische Beratung sowie einen Betreuungs- und Besuchsdienst durch Zivildiener bei der Bewältigung ihrer krankheitsbe-dingt veränderten Lebenssituation. Dabei arbeitet sie eng mit Ärzten, die auf MS spezialisiert sind, zusammen.

Die MS-Gesellschaft Wien ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein mit derzeit ca. 1200 Mitgliedern. Die für Betroffene durchwegs kostenlosen Leistungen werden zum Teil durch Subventionen der öffentlichen Hand finanziert, mehr als die Hälfte des Budgets muss aber durch private Spenden und Firmensponsoring aufgebracht werden. Das Österreichische Spendengütesiegel bestätigt den besonders verantwortungsvollen und wirtschaftlichen Umgang mit der Verwendung der Spendengelder. Internet: www.msges.at

[msges.at & red] – Edit: 2010, Update: 2018

Quellen:

¹ Multiple Sklerose Gesellschaft Wien
² medizinfo.de und ms-diagnose.ch

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com

Linktipps

– Alternativmedizin – Akupunktur kann bei MS helfen
– Genmedizin – wie weit kann sie uns helfen?
– Neuroimaging – Bilder aus dem Gehirn
– Sexualität und Epilepsie
– Telemedizin & E-Health
– Vorsorge-Corner: Gesundenuntersuchung

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